Eine von uns

Eine Kurzgeschichte im Shadowrun-Universum von Peter Groth. Alle Rechte bleiben beim Urheber.

Nautik 

„Und damit sollten Sie nun gewappnet sein, wenn alle Navigationssystem auf See ausfallen. Sie werden in der Lage sein, Ihre Position und Ihre Geschwindigkeit und natürlich Ihre Fahrtrichtung festzustellen und so sicher zum Ziel zu kommen.“ 

Leises zustimmendes Raunen im Saal. 

„Entschuldigen Sie bitte, Frau Kapitänleutnant. Wie wahrscheinlich ist es in der heutigen Zeit, dass alle Navigationssysteme ausfallen und wir per … Papierkarten navigieren müssen?“ 

Leises Lachen begleitete diese Frage. 

Kurz ließ Sina Wächter, Kapitänleutnant der Marine der Bundeswehr, die Frage im Raum stehen und antwortete dann leise und bestimmt: „Glauben Sie mir, Fähnrich Dürenkopp, alles, was schief gehen kann wird schief gehen. Und wenn Sie dann Ihren Rendezvous-Punkt nicht erreichen, nur, weil Sie geglaubt haben, Ihre Technik wird schon funktionieren, dann, genau dann werden Sie fluchen, Ihre Papierkarten zu Hause gelassen zu haben.“ 

Ihre Stimme war leise und ruhig gewesen und trug dennoch so eine Überzeugung mit sich, dass alle wussten, Frau Kapitänleutnant Wächter wusste, wovon sie sprach. Sie hatte selbst in genau diesem Drek gesteckt, geflucht und den Kurs berechnet. Im Kopf. 

„Der Unterricht ist beendet. Schönen Feierabend.“ 

Erstes vorsichtiges Klopfen, dass nur langsam mehr wurde war die Antwort und die Reihen lichteten sich. 

„Frau Kapitänleutnant, auf ein Wort bitte.“ 

Der junge Offiziersanwärter schien von der Schule direkt zur Marine gewechselt zu sein und Sina Wächter musste fast ihre Muttergefühle unterdrücken. Abwartend schaute sie ihn an. 

„Verzeihen Sie, wenn ich nachhake. Ich kann nicht glauben, dass die ganzen Navigationssysteme zusammen ausfallen. Ich meine, wir haben GPS, Galileo, GLONASS, unser eigenes, dass der MET2000, einige private und was weiß ich. Wie sollen die alle ausfallen? Zeitgleich?“ 

Seine bestimmte Art, ließ sie schmunzeln. Beiläufig strich sie ihre Haare zurück, was ihre Datenbuchse kurz sichtbar werden ließ. Ihr Cyberauge scannte den jungen Marineanwärter. Seine Körpersprache konnte sie ohne Tech lesen. Arroganz, Unglaube, gewisse körperliche Interessen und einiges mehr. Ihr Auge verriet Temperatur der Haut, Pulsschlag und Atemfrequenz. Da war mehr als diese Frage nach der Nautik. 

„Die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, dass stimmt. Dennoch ist es möglich. Und, selbst wenn die Systeme nicht ausfallen. Was ist, wenn Ihre Geräte diese Systeme nicht erreichen? Nein! Warten Sie!” sagte sie die Hand hebend. 

“Ich sehe, Sie glauben mir nicht, Fähnrich. Doch, ein Sturm mit einer Gewitterfront kann Ihnen den Empfang verderben. Ihre Geräte könnten durch einen Stromschlag ausfallen. Ja, ich sehe, Sie denken an Ihr Handkom. Die gehen als erste kaputt und empfangen als erste bei ausreichenden Störungen nichts mehr. Richtig schlimm ist es, wenn die Systeme zwar funktionieren und von einem Decker gehackt wurden und Sie sicher sind, auf der richtigen Route zu sein und erste eine halbe Meile vor der Untiefe feststellen, dass Ihre Position falsch und Ihre Geschwindigkeit zu hoch ist. Dann bleibt Ihnen nur noch ein Fluch oder ein Gebet, ganz wie Sie mögen. Denken Sie auch an toxische Stürme oder an Geister. Wenn ein Sturmelementar Ihnen den Tag versaut, dann fallen nicht nur die Systeme aus. 

Und nun entschuldigen Sie bitte, ich muss noch in die Verwaltung und habe dringende private Verpflichtungen. Danke, meine Tasche trage ich allein.“ 

Lächelnd nickte sie dem jungen Anwärter zu und ging. 

Die abfällige Bemerkung über ihr Privatleben hinter ihrem Rücken notierte sie sich im Geiste und machte sich auf den Weg zur Schule, um ihre Tochter abzuholen und mit ihr den Nachmittag zu verbringen. Die schönste Zeit des Tages. 

Ganz in diesen fröhlichen Gedanken versunken, rempelte sie auf dem Weg zum Verwaltungstrakt ein Mann in einer roten Synthlederjacke an. Ein Ärmel dieser Jacke war nur grob angenäht. Er murmelte entweder einen Fluch oder eine Entschuldigung, genau konnte sie es nicht hören und eilte weiter. Erst ein paar Sekunden später fiel ihr ein Zettel auf, den er ihr in die Hand gedrückt hatte. 

Irritiert las sie, was auf dem Zettel geschrieben stand und wurde blass. 

„Wir wissen, wo du wohnst. Wir wissen, wo deine Tochter zur Schule geht.
Zwei Tage. Dann erfährst du mehr. Rede mit niemandem! Wir hören alles!“ 

Darunter war ein aktuelles Foto ihrer Tochter auf dem Schulhof zu sehen. Über dem Gesicht ihrer Tochter war ein Fadenkreuz abgebildet. 

Zitternd rief sie über ihr Handkom in der Schule an. 

„Ja, klar, Frau Wächter, Lena ist hier und spielt. Warum fragen Sie?“ 

„Ah, ja, gut, danke. Es kann sein, also, es kann sein, dass ich mich verspäte.“ 

„Kein Problem. Wir sind bis 18:00 Uhr besetzt. Bis nachher, Frau Wächter.“ 

„Ja, ja, danke, bis nachher.“ 

Unsicheren Schrittes ging sie zu ihrem Büro und ließ sich auf den Stuhl fallen. Dann schrie sie kurz, fluchte und schlug auf den Tisch. Gerade, als sie sich gefasst hatte und grimmige Entschlossenheit in ihr wuchs, ging die Tür auf. 

„Frau Wächter? Alles in Ordnung?“ 

Klaus Löwitsch, ihr Chef und Leiter der Marine-Abteilung der MTFH schaute vorsichtig durch den Türspalt. Sie kannten sich viele Jahre, hatten einige Einsätze gemeinsam durch und sie konnte ihm nichts vormachen. Mit geschlossenen Augen atmete sie tief durch, schrieb hastig etwas auf einen Zettel und sagte energisch: 

„Ich finde, ich bin unterbezahlt um diesen Haufen junger eingebildeter Gören zu schulen und würde mich gern mit Ihnen über mein Gehalt unterhalten.“ 

Dabei stand sie auf und reichte ihm einen Zettel. 

„SOS, Wotan!“ 

Ihr Chef schaute nur kurz drauf, blickte sie direkt wieder an und nickte. 

„Nun, Frau Wächter, aktuell besteht da gar keine Möglichkeit. Lassen Sie uns da im nächsten Jahr drüber sprechen. Vorher habe ich keine Budgets und Zeit für sowas. Bis später.” 

Während dieser Abfuhr winkte er sie fast unmerklich ihm zu folgen. 

Aus der Zeit der Eurokriege gab es einen alten und selten genutzten Besprechungsraum, der nach dem damaligen Stand der Technik als abhörsicher galt. 

Dort, im Besprechungsraum Zulu, las er den ersten Zettel und schwieg dann eine Weile. 

„Ihrer Tochter geht es gut?“ 

„Ja, ich habe gleich in der Schule angerufen.“ 

„Gut.“ 

Mehr sagte er nicht und dachte bei geschlossenen Augen nach. Eine Angewohnheit, die sie in ihrer gemeinsamen Anfangszeit sehr irritierte. Zumal er das auch unter Beschuss zu tun pflegte. Sie lernte schnell, dass er dann, egal wie brenzlig die Situation war, die bestmögliche Entscheidung traf und vielen Menschen damit das Leben rettete. 

„Holen Sie Ihre Tochter ab. Fahren Sie nach Hause! Sie hören von mir.“ 

Zu Hause angekommen, nahm Sina ihre Tochter Lena erst mal lange in dem Arm und begann dann, das Haus zu sichern. Soweit dass für ein normales Reihenhaus in einer normalen Gegend für eine normale Person möglich war. 

Auf der Fahrt nach Hause, hatte Sina ihrer Tochter mit einer unverfänglichen Frage erklärt, dass sie bedroht würden. 

Ihr Handkom meldete sich. „Spielen Sie mit!“ Mehr schrieb ihr Chef nicht und da klingelte es schon an ihrer Haustür. 

Über ihr Handkom, dass das Bild der Türkamera zeigte, sah sie einen Mann ungefähr in ihrem Alter mit einem Jungen an seiner Seite. Beide trugen Sporttaschen in ihren Händen. 

Sie öffnete die Tür. 

„Hallo,“ rief der Junge gleich, „ist Lena schon da?“ und stürmte in die Wohnung. 

„Hallo Sina, schön dass es klappt. Ist ja lange her, nicht wahr.“ 

Der ihr unbekannte Mann umarmte sie herzlich und flüsterte ihre dabei ins Ohr. 

„Verzeihen Sie, Leutnant Werner, Ihr Personenschutz.“ 

Wie selbstverständlich ging er in die Wohnstube und ließ seine schwere Sporttasche fallen. Aus dieser holte er ein elektronisches Gerät hervor, dass wie ein Handkom mit Antenne aussah. Ein weiteres Gerät schloss er an ihre Haustech an. 

Er agierte mit den Geräten, als sei es so natürlich wie atmen und erzählte dabei fröhlich von seiner letzten Segeltour von Kappeln nach Kiel. Nur wenige Critter hätten sie gesehen, Ruhe vor den Roc gehabt und keine Fische geangelt. 

“Nicht einen Fisch, kannst du dir das vorstellen?” 

Hier und da schaute er sich um und sah sich jedes Zimmer an. Er kam mit einem Zettel in der Hand zurück. 

„Werden abgehört. Jedes Zimmer. Keine Kameras.“ 

Laut sagte er: „Kinder, ich habe euch eure neuen Sporttrikots mitgebracht. Zieht sie doch bitte an. Ich möchte sehen, ob sie passen.“ 

Außer sechs riesigen Sporttrikots holte er noch Schutzwesten hervor, die ihre Tochter und sein Sohn direkt anzogen und das Trikot darüber warfen. Sina und Werner taten es ihnen gleich. 

Es klingelte wieder. Sina ließ eine Orkfrau mit einem jungen Ork an ihrer Seite rein. Erst dachte sie, es sei der Sohn der Orkin. Doch, auf den zweiten Blick erkannte sie, dass er nur jung gekleidet war. Sicher war er schon Anfang zwanzig alt. 

„Hallo Sina, Schätzchen. Herrlich, dass wir es endlich zum Grillen geschafft haben. Das wurde aber auch Zeit. Schön, dass die alte Landratte Werner auch da ist. Lasst uns gleich den Grill anschmeißen, was? Bier habe ich auch dabei.“ 

„Lass mich bitte den Grill anmachen, Mama.“ 

Sina musste bei den Worten grinsen. Immerhin war dies ein erwachsener Ork, der seine Mama um Erlaubnis bat wie ein kleiner Junge. 

Der Abend verlief ruhig und ab und an konnte Sina vergessen, dass sie bedroht wurde. Das Soyfleisch war lecker, das Bier süffig, das Wetter spielte auch mit. 

Leutnant Werner hatte ihr Notizen geschrieben, die er auf der Toilette hinterließ. 

Er war, ebenso wie die Orkin Hauptbootsmann Sast, zu ihrem Schutz bestellt. Sast und er würden abwechselnd bei ihr übernachten. Sie war dankbar. 

Zweite Nachricht 

Sina freute sich fast, wieder nach Hause zu kommen. Immerhin wusste sie, dass Leutnant Werner dort wäre. Ihre Tochter erzählte begeistert, dass sein Sohn ihr gegen einige größere Jungs in der Schule geholfen hatte und diese künftig wohl einen großen Bogen um sie machen würde. Sina fragte lieber nicht nach Details. 

Das volle Haus war ungewohnt. Sie wohnte, seit ihr Mann sie verlassen hatte, mit ihrer Tochter allein. Leutnant Werner und Sohn brachten ungewohnte Situationen mit sich. Immerhin benutzten nun vier statt zwei Leute das Bad. Die Couch war fast zu klein und die Küche auch nicht für vier Leute ausgelegt. 

Das Klingeln an der Haustür riss sie wieder in die Realität. 

Auf der Fußmatte lag ein Zettel. Zu sehen war niemand. Das observierende Team sah einen Jungen, der eilig zur Tür lief, den Zettel hinlegt und verschwand. Zwei Leute wollte ihm folgen, doch er war durch eine Lücke in einem Zaun verschwunden und nicht mehr zu sehen. Die Bildauswerter bekamen den Auftrag der Identifizierung. 

„Ihr neuer Stecher soll Urlaub machen! Sie packen Ihre wichtigsten Sachen für Sie und Ihre Tochter! Heute Abend werden Sie abgeholt und zu Ihrem neuen Arbeitgeber gebracht. Es lohnt sich. Finanziell wie materiell. Denken Sie an ihre Tochter!“ 

Sie sollte mit ihrer Tochter um ein Uhr nachts zur Seebrücke Mönkeberg kommen und dort warten. Nur ungern verabschiedete sie Leutnant Werner und packte ein paar Sachen. 

Seebrücke Mönkeberg 

Trotz der warmen Jahreszeit war es um diese Uhrzeit kühl auf der Seebrücke. Die Sonne ging unter. Der leichte Wind machte es nicht besser. Ein Jetski düste den Strand entlang wohl auf dem Weg in den heimischen Hafen. 

Sina zitterte sicher nicht nur vor Kälte. Ihre Tochter klammerte sich müde an sie. Sie beide hatten Angst. Die Entführer hatten sich den heutigen Tag über fast offen gezeigt, so sicher waren sie sich. Der Mann mit dem rattigen Gesicht und der roten Synthlederjacke stand in der Nähe der Schule. 

Ein Boot näherte sich schnell und stoppte hart auf vor der Seebrücke. 

Vier vermummte Gestalten mit Maschinenpistolen sicherten die Umgebung. 

„Du bist brav gewesen. Sehr gut. Deinen albernen Unterricht haben wir überwacht. Deine Göre auch. Los, steig ein! Wir bringen dich zu deinem neuen Brötchengeber.“ 

Selbst die Stimme erinnerte Sina an das Quieken einer Ratte. Ihr lief ein Schauder über den Rücken. 

„Erst will ich wissen, wer das ist!“ Sina wollte Zeit schinden. Immerhin hoffte Sie auf die Orkin oder den Leutnant. Doch sie standen allein auf der Brücke, unter sich das dunkle Wasser der Kieler Förde und vor sich das schwarze Boot. 

„Mach keine Mätzchen und steig ein. Wir sollen dich lebend übergeben. Von gesund war nicht die Rede.“ 

„Nein! Ich werde nicht mitkommen, bevor ich nicht weiß, was hier gespielt wird! Ich“ 

Weiter kam sie nicht. Zwei der Vermummten mit überraschend ähnlicher Ork-Statur sprangen die Treppe hoch und packten sie und warfen sie an Bord. Die Taschen kickten sie wie Fußbälle nach unten. 

Dann ging eine wilde Fahrt los. Die Pilotin, über ein Kabel mit dem Boot verbunden, legte den Hebel auf den Tisch, die elektrischen Motoren heulten auf und das Boot erwachte regelrecht zum Leben. Es sprang über die Wellentäler und schien zu fliegen. 

Sina und ihre Tochter wurden auf die Polster am Heck geworfen und hielten sich krampfhaft fest. Zwar konnte sie sich verteidigen, doch ihre Tochter hatte erst vor wenigen Monaten mit dem Training begonnen und gegen Schusswaffen war waffenlos schwer anzukommen. 

Der Wind ließ ihre Haare wehen. Gischt benetzte sie alle. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte sie diese Fahrt genossen. 

Nun saßen die beiden vermummten Orks mit Waffen in der Hand und ließen sie nicht aus den Augen. Nein, schwimmen wollten sie nicht.

Kiel Leuchtturm

Bald hatten sie die Förde verlassen und näherten sich Kiel Leuchtturm. Dort angekommen wurden sie auf den Kai gezerrt und an den Fuß des Leuchtturmes gestellt. 

„Warten!“ grunzte einer der vermummten Gestalten, ihre Taschen auf die Mole werfend. 

Ein Hover näherte sich. Bald lag es auch in dem künstlichen Hafen des Leuchtturmes. 

„Rein!“ kam nun der grobe Befehl und sie wurde auf die Beine gezerrt. 

Der Anführer in der roten Synthlederjacke ging vor und erstarrte plötzlich. 

Es passierten mehrere Dinge gleichzeitig. Mehrere Hover und Jetski näherten sich, Drohnen senkten sich so weit aus dem nächtlichen Himmel herab, dass man sie sehen und hören konnte und ein kleines U-Boot tauchte auf. 

Diverse rote Leuchtpunkte tanzten über die vermummten Entführer und diese sahen sich plötzlich einer Übermacht gegenüber. Die beiden Orks gaben zuerst auf und legten die Waffen auf den Boden. Dann hob die Riggerin ihre Hände. 

„Drek!“ grunzte der Anführer in seiner roten Synthlederjacke und hob auch die Hände. 

Leutnant Werner und Hauptbootsmann Sast mit ihrem Sohn stiegen mit Sturmgewehren bewaffnet auf den Kai, den Finger am Abzug, hielten Abstand zu den Entführern und sicherten Sina und ihre Tochter. Alle sahen aus, als hätten sie Lust, den Abzug durchzuziehen. Die Entführer wurden mit Kabelbindern verschnürt und auf das größere Hoverboot verbracht. 

Dankbar umarmte Sina den Leutnant und die Hauptbootsmann. 

Besprechungsraum Zulu 

„Frau Wächter, wir haben inzwischen Grund zur Annahme, dass Sie zu einer neuen aufstrebenden Techbude extrahiert werden sollten.“ 

„Ich? Warum das denn?“ fragte Sina ihren Chef überrascht. 

Ebenso überrascht hatte sie die Anwesenheit weiterer Kollegen der MTFH. Anwesend waren die Leiterin der MTFH-Abteilung von MET2000, der Chefingenieur der Werft und ihr Chef selbst. 

„Nun, wir vermuten, dass es um Ihre Forschung und Entwicklung im Bereich der Navigationstechnik geht. Diese sind zwar geheim, doch, auch bei MET2000 wissen wir, was die Marine interessiert und woran die beste Nautik-Dozentin der MTFH arbeitet, wenn sie nicht gerade ihre Studierenden mit Sextanten bewirft und Karten um die Ohren haut.“ 

Ruhig hatte die MET2000 Kollegin ihr diese eigentliche geheime Information offenbart und ihr Chef und der Chefingenieur der Werft husteten überrascht. Sina räusperte sich. Die Geschichte mit dem Sextanten war lange her, ihr peinlich und hatte ihr in ihrer Anfangszeit als Dozentin einen hilfreichen Ruf beschert. 

„Und unserunseren Geheimdienst ist auch nicht dumm,“ sagte die MET2000 Kollegin. 

„Ah, so. Verstehe“ gab Sina lahm zurück. „Und was haben Sie dann gemacht?“ 

„Ganz einfach.“ Ihr Chef hatte sich gefangen. „Die Kollegin von MET2000 und ein Freund des KSK-Marine führten eine Übung durch. Observation einer Zielperson. Diese Observation lief an dem Tag an, als Sie mir den Zettel zeigten.“ 

„Sie lief da bereits? Heißt dass, ich wurde überwacht?“ 

„Dass Sie das nicht bemerkt haben, spricht für unser Team“ gab die MET2000 Offizierin lächelnd zurück. 

„Die Werft stellte uns für diese Übung allerhand Spielzeug zur Verfügung, die unsere Leute regelrecht nervös gemacht haben. Einige Prototypen, die richtig was können.“ 

Der Chefingenieur meldete sich zu Wort. 

„Ja, wir haben einiges an Drohnen und eine neue Art U-Boot als Versuch rausgegeben. Was ein übliches Vorgehen ist, wenn wir kurz vor Marktreife sind. Ich kann bestätigen, was ihr Chef sagte. Die Leute von MET2000 und der Marine bekamen einen seligen Blick und weiche Knie, ob der Tech, die ich mitbrachte.“ 

„Wir überwachten Sie rund um die Uhr. Leutnant Werner und Hauptbootsmann Sast blieben im Wechsel bei Ihnen, bis wir mehr wussten.“ 

„Das war schon viel. Leutnant Werner brachte sogar seinen Sohn in Gefahr. Und sie schickten Hauptfeld Sast und Sohn zu mir.“ 

Ihr Chef legte ihr seine Hand beruhigen auf ihre. 

„Nach allem, was wir gemeinsam durchgemacht haben, lasse ich Sie bestimmt nicht im Stich.“ 

Interessiert schaute die MET2000 und der Chefingenieur der Werft auf. 

Ihr Chef winkte ab. „Opa erzählt vom Krieg. Lassen wir das. Vielleicht später einmal.“ 

Gedanklich war Sina einige Jahre zurückgeworfen worden und sah riesige Wellen schmutzigen Ostseewassers auf sich zurollen, Blitz und Donner auf sie niedergehen, als wären alle Götter und Geister dieser Welt wütend auf sie und Raketen an ihrem Schiff vorbeizischen. Sie schüttelte sich kurz und war wieder im Besprechungsraum Zulu. 

„Was war mit meiner Tochter?“ 

„Der Sohn von Hauptfeldwebel Sast und von Leutnant Werner machten einen Schüleraustausch in der Klasse Ihrer Tochter. Alle hatten ein kleines Team als Rückendeckung.“ 

Die Offizierin des MET2000 erklärte weiter. 

„Leider mussten wir so lange wie es ging, warten. Nur so konnten wir möglichst viele Informationen gewinnen. Wobei Sie mehr Drohnen am Hintern kleben hatten, als sie wissen wollen. Uns war bald klar, dass die Runner keine wirklichen Infos hatten. So konnten wir riskieren, etwas weiter als uns lieb war zu gehen. Als das Hover der Entführer am Leuchtturm ankam, beschlossen wir, die Sache zu beenden.“ 

„Unsere Werft hatte zwei neue Überwachungsdrohnen als, äh, Test unter realen Bedingungen geliehen. Das U-Boot ist auch ein Prototyp. Ein sehr guter, wie ich stolz sagen und den Daten entnehmen konnte, die wir durch diesen Einsatz bekamen.“ 

„Unsere KSK hat Kampfdrohnen geschickt. MET2000 die Jetski. Alles in allem war es eine gemeinsame Übung vom MET2000, der Werft und uns, der Marine. Etwas, was wir lange schon mal machen wollten.“ 

„Aber … warum taten sie das alles für mich? Ich meine, ich bin eine Dozentin der Nautik und Ingenieurin in einem eher kleinen Forschungsprojekt.“ 

Ihr Chef fuhr sie an. „Nun stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel. Sie sind die beste Nautikerin, die ich je kennengelernt haben. Egal, ob bei Sturm und Beschuss, Sie haben den Kurs immer und meist im Kopf berechnet, auch ohne Tech. 

Und, zu unser aller und dem Glück der Studierenden, können Sie dieses Wissen auch noch so vermitteln, dass dieser trockene Stoff alle verstehen und lernen. Ihre Forschungsarbeit meistern Sie mit ebensolcher Akribie und Hingabe. Sowas lasse ich mir doch nicht von ein paar dahergelaufenen Runnern nehmen!“ 

„Im Namen von MET2000 kann ich Ihnen die Worte Ihres Chefs bestätigen. Unsere Leute, die bei Ihnen gelernt haben, sind durchweg begeistert. Anfangs natürlich nicht. Später dann schon.“ Sie grinste kurz. „Sina, wir kennen uns seit einigen Jahren und ich wage zu behaupten, dass wir hier schon sowas wie eine kleine Gemeinschaft sind. Auch wenn uns die Arbeitgeber trennen. 

Kurz: Sie sind eine von uns!“

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Quelle: Link zu VGSD.de

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